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Der Geburtsbericht

Aktualisiert: 13. Feb. 2019

oder: Als Babypuuuuuh das Licht der Welt erblickte


Tam....tam...tam... Bitte als dramatisch betontes Intro lesen...


Es folgt ein Geburtsbericht, mein Geburtsbericht und jeder der mich kennt, weiß, dass mir wenig unangenehm oder gar peinlich ist, vor allem dann nicht, wenn es sich um das wohl natürlichste der Welt handelt, das jede Mama in dieser oder ähnlicher Form erlebt hat. Dass niemand darüber spricht, motiviert mich umso mehr genau solche Tabus zu brechen und auch meine Grenzen an Scham auszuloten. Ich sag nur Hämorrhoiden - aber dazu später mehr...



Der Tag an dem ich Mama wurde...


...begann um 05:05 mit einem starken Ziehen im Unterleib, das meinen Dornröschenschlaf augenblicklich beendete. Nachdem ich 2 Tage über meinem Entbindungstermin war, rechnete ich ja damit, dass es jederzeit losgehen könnte. Die Tage zuvor hatte ich immer wieder Vorwehen, die sich übrigens genauso wie typische Regelschmerzen anfühlten, was allerdings dazu führte, dass ich auch an diesem Tag nicht sicher war, ob es jetzt Wehen oder lediglich wieder Vorwehen waren. Die Unsicherheit veranlasste mich auf die Uhr zu sehen und die Abstände zu notieren. 05:05, 05:10, 05:15.... oh mein Gott, das war regelmäßig. Thomas musste aufwachen und mir eine Badewanne einlassen, denn laut Vorrecherchen meinerseits, konnte man hierbei angeblich erkennen, ob es echte Wehen sind oder eben nur Vorwehen. (Vorwehen werden weniger oder verschwinden, echte Wehen bleiben). Den Mann aufzuwecken und ihm die Sachlage verständlich zu machen, grenzte schon an Schwerstarbeit, denn im Halbschlaf verstand er überhaupt nicht, was ich von ihm wollte. Bevor ich ins warme Nass stieg, musste ich aufs Klo, ganz dringend. Durchfall. Oje, das war doch auch ein Zeichen, oder?!

In der Badewanne liegend veränderte sich lediglich der Rhythmus der Wehen, jedoch nicht die Stärke, was mich weiterhin verunsicherte. Plötzlich waren sie nicht mehr regelmäßig. Was sollte das bedeuten?! Äußerst wichtig empfand ich in dieser ungewissen Situation meine Beine zu epilieren. Ein Bein schaffte ich, das zweite Bein wurde durch eine Wehe verhindert und sieht heute, 12 Tage nach der Entbindung, noch genauso aus. Man stelle sich also einen Baumstamm ohne Rinde, neben einem Baumstamm mit Rinde vor, so laufe ich rum...

Nachdem wir an diesem Samstag ohnehin zur Kontrolle ins Krankenhaus mussten, fuhren wir also halbepiliert los. Auf der 25-minütigen Fahrt wurden die Wehen stärker, blieben jedoch unregelmäßig. Um 09:10 erreichten wir die Geburtenstation, wo sogleich eine liebe, junge Hebamme kam und mich zum Untersuchen in den Kreißsaal verfrachtete.


Los geht's...


Gerechnet hatte ich damit, dass ich wieder heimgeschickt oder zu einem stundenlangen Spaziergang aufgefordert werde, wie ich es in unzähligen Geburtsberichten von Schon-Mamis gelesen hatte. Nichts dergleichen. Der Muttermund war 4 cm offen. Als mir das gesagt wurde, realisierte ich erstmals, dass ich heute Mama werden würde, dass es los geht, ja, dass ich mittendrin und dabei war mein Baby zu bekommen. Den Kreißsaal sollte ich vorerst einmal nicht mehr verlassen.

Die Wehenabstände wurden kürzer, die Schmerzen unerträglicher. Regelmäßig wurde mein Muttermund untersucht, was ich als sehr unangenehm empfand. Wie sollte aus mir ein Baby kommen, wenn schon die Finger der Hebamme schmerzten?! ,,Ach das geht schon!", versuchte mich die Hebamme zu beruhigen. Nun gut.

Der Kreißsaal war groß, geräumig, mit Couch und Couchtisch, das Bett, sofern man es so nennen kann, war auch sehr komfortabel, also perfekt zum Verweilen, wären nicht die Schmerzen gewesen.

Meine Vorstellung, Plan kann ich nicht sagen, das würde nämlich vermuten lassen, dass ich etwas organisatorisch im Griff hätte: Einlauf, um nicht vor meinem Mann zu kacken, Badewanne zur Schmerzlinderung, keine weiteren Schmerzmittel, weil ich ja tapfer und regelschmerzengeeicht bin und schlussendlich Geburt in der Hocke, zwecks Schwerkraft.

Das was mich bis heute schockiert, ist, dass die Zeit nicht verflogen, sondern wie eine galaktische Zeitmaschine auf Science-Fiction-filmartige Weise Sprünge gemacht hat. 20 Minuten für mich waren in der Realität drei Stunden. Drei Stunden und mehr, in denen die Wehenpausen kürzer wurden und die Schmerzen auch da nicht mehr abklangen. Während ich nach möglichen schmerzlindernden Substanzen fragte, war ich noch fest entschlossen, dass zumindest eine PDA nicht in Frage käme. Eh schon wissen: Bin ja tapfer! Buscopan kam nicht in Frage, da der Kleine davon ganz benommen auf die Welt kommen würde. Also blieben Aromadüfte, Globuli und kühlende Waschlappen auf der Stirn. Zumindest die nächsten drei Wehenschübe. Nachdem die Wehenpausen mittlerweile mehr oder weniger übersprungen wurden und ich von Tapferkeit nichts mehr wissen wollte, war ich bereit für die PDA, auch Kreuzstich genannt. Kreuzstich deswegen, weil mittels nicht zu kleiner Metallnadel ein kleiner Schlauch ins Rückenmark gestochen und anschließend an die richtige Stelle geschoben wird, um dort die betäubende Substanz zu versprühen. Aufgabe der PDA: Den Wehenschmerz auszublenden und die untere Körperhälfte mehr oder minder zu betäuben.

Ohne zu zögern forderte also die Hebamme den Anästhesisten mit dem magischen Schmerzstiller an. Um die Mittagszeit herum kam dieser mit Arzt im Schlepptau, um mir zuerst die Einstichstelle am Rücken zu betäuben, um die anschließende Prozedur schmerzfrei zu halten. Also eine Nadel, um die Nadel nicht zu spüren. Während der drei Versuche den Schlauch an die richtige Stelle zu schieben, durfte ich mich keinen Millimeter bewegen, war ja die ganze Geschichte nicht ganz risikofrei. Die Wehe, die natürlich genau in dem Moment kommen musste, war eine Herausforderung pur, die ich am Hals von Thomas hängend mit Bravour und ohne jegliches Zucken meisterte. Ich bekam ein kleines Kästchen in die Hand, mit dem ich die Schmerzmittelzufuhr selbst durch ein Drücken steuern konnte (max. alle 15 Minuten), welches ich sogleich Thomas reichte und ihn dazu verpflichtete. Hatte ich also Schmerzen, war er schuld. Damit konnte ich gut leben.



Die PDA


Die PDA begann zu wirken und ich empfand meine Entscheidung als das beste, was ich hätte tun können. Es war ein Segen. Die Wehen blieben gleich stark, der Schmerz allerdings glich einem leichten Regelschmerz, der mit zweimaligen tiefen Ein- und Ausatmen wieder weg war. Ich lachte und scherzte sogar wieder, wo ich zuvor schrie, brüllte und meinem Mann erklärte, wie sehr ich ihn nicht hassen würde, während ich mit voller Kraft in das Anhaltetuch über meinem Bett biss. Die Welt war in Ordnung, so konnte ich mein Baby bekommen, dachte ich mir. Dass, die PDA allerdings auch den Wehenfluss stoppte, war die andere Seite. Das bemerkte ich, als ich aufs Klo gehen sollte, um meine Blase zu entleeren. Ich sollte dort bleiben bis ein bis zwei Wehen vergangen waren. Nach 10 Minuten rief ich Thomas, er soll doch bitte zu mir aufs Klo kommen, da mir so fad wäre. Nun gut, keine Wehen mehr. Da Langeweile während der Geburt nicht sehr produktiv war, bekam ich ein wehenförderndes Mittel gespritzt, was das ganze wieder beschleunigte. Wenig später scheiterte der Versuch mich auf den Wehenhocker zu hieven, da mein rechtes Bein ebenfalls unter Einfluss der PDA geriet und jeglichen Dienst verweigerte. Dieser Hocker ist ein, für mich etwas suspekt wirkendes, Möbelstück, auf das man gesetzt wird, einem durch einen klobrillenähnlichen Ring hält und sonst unten offen ist. Ich fühlte mich müde, schlapp und zitterte am ganzen Körper. Immer wieder überkam mich die Übelkeit. Ob das auch Nebenwirkungen der PDA waren?




Der Blasensprung


Immer wieder hatte ich das Gefühl, dass es nass wurde untenrum, immer wieder fragte ich, ob das der Blasensprung war und immer wieder wurde dies verneint. Welche Flüssigkeit dieses Gefühl ausgelöst hatte, will ich vermutlich gar nicht wissen, ist aber völlig egal, denn der Blasensprung kam und er war unmöglich verwechselbar. Ich spürte einen Schnalzer in mir und in diesem Moment schwappte eine Lawine an Flüssigkeit aus mir heraus und ergoss sich über Bett und Boden. Ich bildete mir sogar ein, dieses Platzen gehört zu haben. Also das war er, eindeutig, klar erkennbar und unverwechselbar - der Blasensprung. Es war 13:30 und die gesprungene Blase bescherte mir einen immensen Druckabfall im Unterleib.


Die Presswehen


Ohne jegliches Zeitgefühl wurde es Zeit für die Presswehen. Um diese deutlich zu spüren und auch zu wissen, wann ich pressen sollte, musste die PDA gestoppt werden. Thomas durfte also nicht mehr drücken und ich machte mich gefasst auf die nächsten Schmerzschübe. Die Presswehen fühlten sich im Gegensatz zu den normalen Wehen, die den Muttermund öffnen sollen, zwar nicht schwächer oder weniger schmerzhaft an, jedoch hatte ich das Gefühl pressen zu müssen, können und wollen. Während man bei den normalen Wehen nur da lag und dem Schmerz quasi ausgeliefert war, konnte ich hier aktiv was tun, nämlich pressen. Die ersten Presswehen irritierten mich komplett, da dieses Gefühl des Pressens das haargenau selbe war, wie beim Kacken. Ich muss leider das Wort Kacken verwenden, da ich kein anderes als schöner empfinde. Stuhlen? Koten?... Nein, Kacken!

Man stelle sich also die ärgste Jahrhundertverstopfung vor, ja den monströsesten Darmverschluss und dann sagt dir jemand, dass du mit aller Kraft pressen sollst. Du sollst nicht nur, du willst auch, wäre da nicht das Hirn, welches mir ernsthaft einbläute, dass ich, liegend mit gespreizten Beinen auf dem nach wie vor bequemen Bett, die nette junge Hebamme nicht ankacken kann.

Mein Hirn zu überlisten und es zum Schweigen zu bringen, war in etwa so schwer wie meinen Mann noch in der Früh aus dem Schlaf zu reißen. Zumal da noch das Problem mit den Hämorrhoiden wäre, welche ich erst in den letzten zwei Wochen bekommen hatte. Dazu muss ich sagen, das zu schreiben und zu verlautbaren, übersteigt gerade meine Schamgrenze, aber vielleicht geht's anderen ja genauso und ein Tabu ist es ja nur, weil eben keiner darüber spricht und da will ich nicht mitmachen. Nun gut, also zurück zum Problem, denn in Gedanken sah ich schon, wie diese unnötigen Anhängsel beim Pressen explodieren oder sich gar vermehren und meinen Körper nie wieder verlassen werden. Auch mit diesem Gedanken musste ich fertig werden und beiseite schieben, denn es musste ja schließlich voran gehen.

Ich lag also im Bett mit einem tauben Bein, ohne Einlauf, ohne Badewanne, mit PDA und entschied mich so stark zu pressen, wie ich nur konnte und die nette Dame anzukacken. Presswehe um Presswehe kam. Um mich zu motivieren, ermunterte mich die Hebamme mal zu greifen, da ich das Köpfchen im Geburtskanal schon spüren könnte, was ich auch tat. Das einzige was meine Finger fühlten, war, dass ich nach wenigen Zentimetern an einer weichen Schädeldecke anstand, was ausblieb, war jedoch der erhoffte Motivationsschub. Es war einfach zu surreal.


Der Dammschnitt


Was habe ich mich vor einem Dammschnitt gefürchtet. Oh mein Gott. Die Hebamme, die mittlerweile nicht mehr alleine war, sondern eine Ärztin und noch eine, mir unbekannte, Dame an der Seite hatte, hätte mir aus guten Gründen kein Sterbenswörtchen gesagt, hätte ich nicht genau in dieser Sekunde nach unten gesehen. Was hat die Ärztin da in der Hand? War das eine Geflügelschere? Mein Schrecken darüber löste anscheinend einen schrillen Kreischer aus, was die Damen zwischen meinen Beinen zu einer Erklärung zwang. ,,Wir müssen schneiden, das Baby hat die Nabelschnur um den Hals und die Herztöne fallen ab. Er muss sofort kommen. Jetzt. Bei der nächsten Wehe schneiden wir!"

Das reichte mir als Antwort, um alles über mich ergehen zu lassen und bei der nächsten Wehe zu pressen wie nie zuvor. Immerhin ging es um das Leben meines Kindes. Ich schrie mehr als nötig gewesen wäre, eher aus Angst vor dem Schnittschmerz, als vor Schmerzen direkt, denn ich spürte wirklich außer der Wehe und dem damit verbundenen Druck, keinen weiteren Schmerz. Binnen einer Presswehe wurde also mein Damm durchschnitten und mein Kind geboren. Zuerst der Kopf und mit einem zweiten Luftholen und Pressen die Schultern und der restliche Körper.


Da lag er nun...


Mein Baby lag zwischen meinen Beinen mit dem Rücken zu mir in Blut, Kacke und diversen anderen undefinierbaren schlitzig wirkendenden Sekreten und schrie nicht. Er schrie nicht nur nicht, er bewegte sich auch nicht. Voller Panik schrie ich die Hebamme und ihre mittlerweile drei Zureicherinnen an, was mit meinem Kind los sei, warum er nicht schreien würde. Sie lächelte, nahm den Kleinen und legte ihn mir auf die Brust. ,,Er muss nicht schreien, er atmet!", beruhigte sie mich mit wirklich liebevoller Stimme. Jetzt lag er da auf meiner Brust und sah mich mit aufgerissenen Augen an und atmete. Er atmete munter vor sich hin, war nicht blutig, hatte keine Käseschmiere und seine Hautfarbe war ebenfalls nur leicht gerötet, als hätte er einen entspannten Saunagang hinter sich. Lediglich der Kopf hatte hinten eine Beule und vorne eine ordentliche Vertiefung, die mir in dem Moment zwar auffielen, mir aber völlig egal waren. (Waren binnen 2 Stunden weg)

Ich war so voller Liebe und Glück, sah zu Thomas, der Tränen in den Augen hatte und mich einfach nur anlächelte. Mein Glück war geboren und einfach nur wunderschön. Es war 15:32 als dieses Baby allem bisher Geschehenen einen Sinn verlieh.

Dass Thomas die Nabelschnur durchschnitt, bekam ich überhaupt nicht mit und auch, dass ich nochmal pressen musste, um die Plazenta zu gebären, hätte ich schon fast vergessen. Dieses Ding, das aussah wie aus einer fernen Galaxie war also das Zuhause meines kleinen Buben in den letzten 40 Wochen. Dieses Foto erspare ich euch...

Währenddessen ich mit dem Kleinen verliebte Blicke austauschte, wurde ich von der Ärztin nach erneutem Drücken der PDA Taste genäht. Auch davon bekam ich lediglich mit, dass die vier Damen allesamt zwischen meinen Beinen Platz gefunden hatten, akribisch jeden Stich verfolgten und mit einem zustimmenden Nicken bestätigten.







Resümee:

Die Geburt war völlig okay, vermutlich dank PDA, worüber ich nach wie vor froh bin, die Entscheidung getroffen zu haben. Ich bin deswegen nicht weniger tapfer oder eine schlechtere Mutter. Fakt ist allerdings, dass der Kleine vermutlich schon um 12:00 gekommen wäre, hätte ich mich nicht dafür entschieden. Also kann man sagen, für eine erste Geburt ging alles sehr schnell.

Die Schmerzen und der unbequeme Part kam erst danach. Der Dammschnitt bzw. die Nähte quälten mich und tun es bis heute noch. Jede Bewegung war und ist bis heute mit Einschränkung und Schmerzen verbunden. Das schlimmste für mich, mich unten rum anzugreifen bzw. mit Hilfe eines Spiegels zu sehen, was alles genäht wurde. Oh mein Gott. Ich erkannte mich nicht wieder und sah nur Schwellungen, Nähte und Blutergüsse, es war grauenvoll. Es sah aus, als wäre eine Bombe explodiert, was ich jetzt glücklicherweise sagen muss, sich normalisierte. Die Ärztin, die mir ein paar Tage später zwei Nähte zog, konnte mich allerdings beruhigen, dass alles normal verlaufen würde und auch die verhassten Hämorrhoiden zu 90% wieder verschwinden würden. Mittlerweile kann ich wieder sitzen und auch meinen Kleinen aus seinem Bettchen heben, ohne zu glauben unten aufzureißen. Alles heilt und wird wieder gut. All das war und ist es so viel wert, denn wenn ich meinen Kleinen anschaue, empfinde ich soviel Liebe, was ich niemals gedacht hätte empfinden zu können!



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