Österreich gegen Meningitis, wir gegen Meningitis
- ena.maria.b
- 15. Mai 2019
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Mai
Folgenden Beitrag aus dem Jahr 2019 finde ich immer noch sehr wichtig, daher habe
ich ihn für euch im Mai 2025 aktualisiert…
Etwa vor einem Monat bekam ich eine Mail: „Liebe Verena, wir möchten Dich
herzlich zu dem Influencer-Event #ÖsterreichgegenMeningokokken einladen...“.
Events sind für mich nichts Neues. Man geht hin, bewundert und fotografiert das
neue Haarshampoo, isst sich den Ranzen voll und geht gut gelaunt wieder heim.
Dass dieses Event anders ablaufen sollte, war mir sofort klar.
Noch bevor ich überlegte, ob ich überhaupt Zeit dafür hätte, googelte ich erstmal
„Meningokokken“. Ich kannte das Wort, wusste, dass es etwas ist, wogegen man
impfen konnte, das war’s dann aber auch schon. Hatte ich doch zuvor nie damit zu
tun gehabt und bevor ich Mama wurde, galt mein Interesse auch eher besagtem
Haarshampoo.

Nun gut, Zeit hatte ich, Interesse auch, also sagte ich zu. Levi und Thomas durften mich begleiten, was ziemlich gut war im Nachhinein betrachtet, da wir Tage später noch über Gehörtes gesprochen haben und eigentlich entsetzt waren, wie unwissend
wir zuvor waren. Bei dem Event ging es primär darum zu informieren, ein
Bewusstsein zu schaffen und über Meningokokken aufzuklären. Hierfür war unter
anderem der Intensivmediziner und Kinderarzt Dr. Alexander Schneider anwesend,
der uns mit Informationen und Geschichten aus seinem Berufsalltag versorgte.
Weiters standen Dr. Michael Aichinger, Dr. Susanne Döpper, Mitarbeiter bei GSK
und Hannes, ein Betroffener, der die Erkrankung wie durch ein Wunder überlebte,
Rede und Antwort.

IMPFEN
Das Thema Impfen allgemein ist ein großes, kontroverses Thema, über das ich mir
selbst nicht so ganz im Klaren war. Ich wusste lange nicht wirklich, was ich darüber
denken sollte. Alles impfen, weil sicherer oder der Panikmache von Impfschäden und
verpfuschten Immunsystemen glauben?
Man hört und liest so viel, wo oft so wenig Wissen und Wahrheit dahintersteht. Aber was soll man glauben, wem vertrauen? Wer hat recht, was ist richtig?
Im Endeffekt ist es dasselbe, wie bei vielen anderen
Themen, mit denen sich Mütter oder auch Väter auseinandersetzen müssen: Jeder
Elternteil will das Beste für sein Kind, deshalb sollte, wie ich finde, auch niemand von
außen kritisiert oder angegriffen werden für Entscheidungen, die getroffen werden.
Was ich allerdings überhaupt nicht verstehen kann, ist, wenn man sich nicht
genauestens informiert und mit den einzelnen Impfungen auseinandersetzt, denn
das bin ich meinem Kind schuldig und Facebook oder Hörensagen reicht hier
definitiv als Informationsquelle nicht aus! Ich habe für mich mittlerweile eine Antwort
gefunden, aber dazu am Schluss mehr.

MENINGO...Waaaas? MENINGOKOKKEN
Wie schon erwähnt, wusste ich nichts darüber. Wie auch meine kleine Umfrage auf
Instagram ergab, wussten auch die meisten meiner Follower nichts darüber und auch
eine Befragung von Passanten auf der Straße ergab, dass über Meningokokken eine
immense Unwissenheit herrscht.
Im Folgenden werde ich versuchen euch genau diese Unwissenheit zu nehmen und
das kurz, knapp und vor allem verständlich.
Was sind Meningokokken?
Weltweit vorkommende Bakterien.
Wie werden diese Bakterien übertragen?
Durch Tröpfcheninfektion. Beim Niesen, Sprechen, Husten, Küssen, ... werden die Krankheitserreger, die sich im Nasen- oder Rachenraum oder im Atmungstrakt befinden, an die Luft abgegeben und von anderen Menschen eingeatmet.
Inkubationszeit
2-10 Tage dauert es von der Infektion bis zum Auftreten der ersten Symptome.
Wer ist gefährdet?
Grundsätzlich kann es alle Altersgruppen treffen, doch vermehrt sind Säuglinge
(nicht vollständig ausgereiftes Immunsystem) und Jugendliche (Küssen, Rauchen,
Massenveranstaltungen, ...) betroffen. Beinahe alle Betroffenen waren davor gesund!
Dr. Alexander Schneider: „Als Kinderfacharzt, der in der Kinderintensivstation an der
Wiener Universitätsklinik für Kinder- & und Jugendheilkunde arbeitet, habe ich leider schon oft dramatische Verläufe bei einer Meningokokken-Erkrankung gesehen.
Leider sind fast alle Kinder, die mit einer Meningokokken-Infektion zu uns kamen und
im Folge der Erkrankung eine Sepsis (Blutvergiftung) erlitten, daran gestorben. Sie
konnten trotz medizinischer Behandlung nicht gerettet werden.“
Wie zeigen sich die ersten Symptome?
Grundsätzlich kann eine Erkrankung binnen 24 Stunden zum Tod führen.
0-8 Stunden: Grippeähnliche Symptome wie: Gereiztheit, Appetitverlust, Fieber, Übelkeit, Gliederschmerzen bei älteren Kindern und Jugendlichen, Beinschmerzen bei Säuglingen und Kleinkindern, Benommenheit, schlaffer Muskeltonus bei Säuglingen unter einem Jahr.
9-12 Stunden: Kalte Hände und Füße, Ausschlag, Nackensteifigkeit, Lichtscheuheit, Wölbung der Fontanelle (weiche Stelle am Kopf des Säuglings)
16-24 Stunden: Verwirrtheit, Bewusstlosigkeit, Krämpfe, Septischer Schock, Multiorganversagen, Tod
Tipp von Dr. Schneider: „Eine Meningokokken Erkrankung ist anfänglich oft durch
unspezifische und grippeähnliche Symptome schwer von einem normalen grippalen
Infekt zu unterscheiden. Falls Ihr Kind aber sehr krank wirkt, fiebert und auch nicht
gut auf fiebersenkende Medikamente reagiert, dann rate ich dazu, einen Kinderarzt
aufzusuchen oder in die nächstgelegene Ambulanz zu gehen. (Andere Symptome
wie Lichtempfindlichkeit, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und punktförmige
Hautblutungen können auch auftreten). Dort kann man zum Beispiel anhand eines
Fingerstichs unterscheiden, ob es sich um eine bakterielle oder eine virale Infektion
handelt und dementsprechend agieren/therapieren. Im Falle einer Meningokokken-
Infektion gilt es rasch zu handeln, da die Erkrankung innerhalb von 24 bis 48 Stunden lebensbedrohlich sein kann, und umgehend mit einem Antibiotikum begonnen werden muss.“
Impfempfehlung:
Meningokokken B: Alle Kinder möglichst früh ab dem 3. Lebensmonat. Nachhol-
Impfungen sind bis zum vollendeten 25. Lebensjahr empfohlen.
Meningokokken ACWY: Alle Kinder möglichst früh im 13. Lebensmonat und als
Nachhol-Impfung bis zum vollendeten 10. Lebensjahr (falls davor verpasst).
Aufgrund des zweiten Altersgipfels im Jugendalter soll diese Meningokokken-
Impfung auch zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 13. Lebensjahr
verabreicht werden.
Für diese Altersgruppe ist die Impfung im kostenfreien Impfprogramm enthalten. Nachhol-Impfungen sollten auch hier bis zum vollendeten 25. Lebensjahr erfolgen.
Dr. Susanne Döpper: „Da es verschiedene Gruppen von Meningokokken gibt,
existieren auch unterschiedliche Impfungen.
Ihr Kinderarzt informiert Sie über die einzelnen Impfungen.“
Wie häufig kommt eine Erkrankung vor?
Diese Frage habe ich mir bewusst bis zum Schluss aufgehoben. Von 2010 bis 2020
wurden in Österreich 443 Meningokokken-Fälle gemeldet.
Das hört sich erstmal nicht viel an, was ist jedoch, wenn es genau dein Baby oder dein Kind trifft?
Dr. Michael Aichinger: „Die Erkrankung ist nicht sehr häufig und das Risiko sich damit zu infizieren auch relativ gering, aber wenn sie auftritt, stellt sie das bisherige Leben von Betroffenen und Angehörigen komplett auf den Kopf.“
Mich persönlich hat die Zahl nicht so sehr beeindruckt. Vorerst. Bis ich die Story des Events auf Instagram geteilt habe und unter meinen Followern, ja sogar unter meinen Freunden 13 Betroffene waren, die es entweder selbst hatten oder ein Familienmitglied oder sogar eine beste Freundin verloren hatten. Ich habe Geschichten zu lesen bekommen, bei denen mir jetzt beim Schreiben noch kalt aufläuft. Geschichten, wie wir eine ganz besondere auch am Event zu hören bekamen, denn es war ein Mann anwesend, der eine Meningokokken-Sepsis (Blutvergiftung) überlebte.
HANNES, EIN BETROFFENER
Hannes war Leistungssportler und gerade im österreichischen Skikader aufgenommen, als er mit 18 Jahren an einer Meningokokken-Meningitis erkrankte.

Alles fing an, als er sich mit Kopfschmerzen ins Bett legte und daraufhin ins Koma fiel. Glücklicherweise wurde er in ein Krankenhaus gebracht. Seine Überlebenschancen lagen bei unter 5%. Nach zwei Wochen wurde Hannes aufgeweckt. Seine Muskulatur hatte abgebaut, er hatte immens viel Gewicht verloren und selbst war er zu schwach, sich die Zähne zu putzen oder eigenständig zu trinken. Die ersten Monate konnte er sich nicht selbst versorgen. Schreiben und Lesen musste er neu erlernen, war körperlich unbeweglich und sogar auf einen Rollstuhl angewiesen. Wie durch ein Wunder geht es ihm heute wieder gut und er hat keine Folgeschäden davongetragen.
Er sagt: "Wenn man Nackenschmerzen oder Kopfweh hat und es sich nicht so anfühlt, wie man es kennt oder sich die eigenen Kinder schlecht fühlen und man als Mutter oder Vater ein ungutes Gefühl hat, sollte man nicht zögern und auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen"
DER IMPFSTOFF
Wie ein Impfstoff hergestellt und kontrolliert wird, war wieder ein Thema mit dem ich
mich noch nie zuvor befasst hatte. Dr. Michael Aichinger konnte uns diesbezüglich
einige Informationen liefern: „Impfungen werden gesunden Menschen verabreicht.
Noch mehr, sie werden den für uns Eltern wertvollsten Menschen in unserem Leben
verabreicht – unseren Kindern. Daher muss die Qualität der Impfung stimmen. Zwei
Jahre dauert es in etwa, einen Impfstoff herzustellen. 70% dieser Zeit wird dafür
verwendet, die Qualität der Produktion sicherzustellen. Über 100 Qualitätskontrollen
muss jede Impfung im Durchschnitt bestehen, bevor sie zur Verabreichung
freigegeben wird.

IMPFGEGNER UND IMPFSKEPTIKER
Bis ich Mama wurde, war ich Impfskeptikerin. Warum? Vermutlich weil ich mich
ebenso wie tausend andere, von Horrorgeschichten in den sozialen Netzwerken
blenden hab lassen. Blenden deswegen, weil die meisten Geschichten weder Hand
noch Fuß haben und ohne Fakten und wissenschaftlicher Beweise in die Welt
gestellt, hundertfach geteilt werden und Mamas verunsichern. Erst seitdem ich Mama
bin, habe ich mich näher über Impfungen informiert, was ich jeder Mama und jedem
Papa nur raten kann.

Dr. Schneider: „Gerade im Internet und in vielen anderen Medien hält sich das Gerücht, dass Impfungen ernsthaft schaden. Zum Beispiel: Impfungen können angeblich Autismus auslösen - das ist schlichtweg falsch und wurde nie erwiesen. Die Studie, in der das behauptet wurde, musste sogar zurückgezogen werden. Fakt ist: Eine Impfung rettet Leben. Krankheiten kosten im schlimmsten Fall das Leben. Ich kann aber verstehen, wenn Eltern verunsichert sind. Als Kinderarzt ist es daher wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um die Eltern aufzuklären und ihnen ehrliche, valide und objektive Informationen zu liefern.”

Liebe Mamas, liebe Papas: INFORMIERT EUCH beim Arzt eures Vertrauens und
entscheidet dann selbst. Ich stelle mich hiermit jeglicher Kritik, jeder Diskussion, die mir niveau- und respektvoll entgegengebracht wird. Ich nehme mir die Zeit, da mir das Thema wirklich am Herzen liegt!
In freundlicher Zusammenarbeit mit GSK.
NP-AT-BEX-WCNT-250001, 05/2025
Hi. Toller Beitrag. 😄 Wir impfen auch, ich war aber ehrlich gesagt echt erschüttert wie teuer diese Impfungen sind. Wir können es uns leisten, aber wieviele Eltern gibt es,die sich das nicht leisten können und damit eine Impfung nicht möglich ist. Daran muss echt noch was getan werden.